Bei uns wird der Heilige Nikolaus auch Samichlaus genannt. An vielen Orten kommt er an seinem Namenstag, dem 6. Dezember, und verteilt Geschenke. Der Nikolaus als Gabenbringer taucht Mitte des 16. Jahrhunderts zum ersten Mal auf. Damals beschenkte er Kinder, die “fleissig, fromm und brav“ waren. Am bekanntesten ist sicher auch bei uns der Brauch, Stiefel oder Strümpfe am Vorabend des Samichlausentages vor die Tür zu stellen, damit der Heilige sie über Nacht mit Leckereien füllen kann.
In der Zeit nach der Reformation war der Samichlausentag das einzige Fest, an dem es für die Kinder Geschenke gab. Weihnachten war zu dieser Zeit noch ein ernstes Kirchenfest. Neben Lob und Geschenken gab es auch Tadel und Strafen. Je nach Gegend war der Samichlaus von dunklem Russ verschmierten Gestalten begleitet, denen er die gefürchtete Rute überliess. Auf Bildern sieht man, wie sie Kinder in einen grossen Sack stecken. Vielen Kindern war der Samichlausbesuch deshalb ein Gräuel, Grund für schlaflose Nächte. Auch heute noch kommt der Samichlaus häufig zusammen mit seinem Gehilfen, dem Schmutzli. Zum Glück hat der schwarze Gehilfe viel von seinen furchterregenden Zügen verloren.
Der hl. Nikolaus, das Nikoloweibl und die Buttnmandl.JPG am 1. Adventsonntag in Loipl (Berchtesgadener Land)
Der Samichlaus Brauch wird je nach Region etwas anders gefeiert. In Lenzburg wird der Samichlaus jedes Jahr beim Chlaus-Chlöpfen verspottet, in Küssnacht am Rigi ist das Chlausjagen einer der imposantesten Umzüge Europas. Dazu gehören auf jeden Fall Nüsse, Mandarinen, Lebkuchen, Schokolade oder die ersten Weihnachtsguetzli. Kinder sagen Verse auf oder singen Lieder. Ein schweizerischer Brauch ist das Essen von Grittibänzen aus Zopfteig, dazu Butter, Honig, Milchkaffee, Äpfel und Nüsse.
Der Weihnachtsmann
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich Weihnachten zum wichtigsten Geschenktag des Jahres. Ob die Gaben vom Nikolaus, dem Weihnachtsmann oder dem Christkind gebracht wurden, war nebensächlich. Die Unterscheidung von Nikolaus und Weihnachtsmann als zwei verschiedene Gestalten gibt es übrigens nur im deutschsprachigen Raum.
Im 16./17. Jahrhundert brachten Holländische Emigranten den Nikolausbrauch nach Amerika. Aus Sinterklaas wurde Saint Claus und schliesslich Santa Claus. Seitdem verteilt in Amerika und England sowie in all den ehemals englischen Kolonien nur noch der Weihnachtsmann, eine veränderte Form vom Heiligen Nikolaus, die Geschenke. Er füllt in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember die Strümpfe der Kinder mit Süssigkeiten.
Für die Bescherung kommt der Santa Claus auf einem fliegenden Schlitten, gezogen von einem Rentier Gespann. Diesen Mythos haben wir dem anonym veröffentlichten Gedicht “The Night before Christmas“ von 1823 zu verdanken. Zugeschrieben wird es Clement Clarke Moore oder in neuerer Zeit eher Henry Livingston Jr. Die acht Rentiere sind alle namentlich in dem Gedicht aufgeführt: Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzen.
In Amerika wurde aus der typischen Bischofsgestalt ein Santa Claus in Pelz besetztem Mantel und Pudelmütze. Im Laufe der Jahre entfernten sich der Nikolaus und der Weihnachtsmann immer weiter von einander. Die Kommerzialisierung nahm ihren Lauf.
Der Weihnachtsmann kehrte im 20. Jahrhundert wieder nach Europa zurück. Zuerst dachte man, er komme vom Nordpol, bis er im finnischen Lappland sein Zuhause fand. Von dort aus besucht der unsterbliche Mann mit dem weissen Bart jedes Jahr die Kinder, um danach wieder in seine Hütte in Finnland zurückzukehren.
Und das Christkind?
Während der Reformation predigte Martin Luther, dass sich die Bevölkerung direkt an Gott wenden könne, ohne heilige Vermittler. Er schuf den “Heiligen Christ“, um Christus in den Mittelpunkt der Frömmigkeit zu stellen. Dieser hatte auch für die Bescherung der Kinder am Heiligen Abend zu sorgen. Weil der “Heilige Christ“ aber nicht anschaulich genug war, um grosse Popularität zu erlangen, wurde daraus schon bald das “Christkind“. In einigen Regionen wurde diese Tradition beibehalten, während anderswo bereits im 17. Jahrhundert wieder der gabenbringende St. Niklaus übernahm.
Samichlaus, Weihnachtsmann oder doch lieber das Christkind?
Abschliessend ist klar, dass sich diese Frage auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Das Christkind konnte sich in Österreich, Süddeutschland und der deutschsprachigen Schweiz halten. In fast allen anderen Ländern und Regionen wurde der Weihnachtsmann eingeführt. Eine Ausnahme bildet Spanien, wo die Reyes Magos am 6. Januar die Geschenke bringen. Aber auch hier spielt der Papà Noel eine immer wichtigere Rolle. Viele Familien adoptieren beide Bräuche.
Den Samichlaus gibt es in verschiedenen Formen auch in der Tschechischen Republik, Ungarn, Irland, Polen und Italien (hier übernimmt die Rolle “La Befana“, eine auf einem Besen reitende Frau).